Nr. 089: Alter Reitweg soll „später“ Promenadenweg werden
Nutzungsrecht (weiterhin) (nur) bis zur „Wiederinanspruchnahme“ der Wegefläche durch Stadt. – Zukunftsmusik: Im Juli 1965 wird Wabetalaue stadtnahes Erholungsgebiet werden.
Am 24. Juli 1950 antwortet die Stadtverwaltung. Sie habe „nach einer sehr eingehenden Beratung“ beschlossen, den ehemaligen Reitweg durch die Kleingartenanlage Mutterkamp „als solchen nicht aufzuheben“, sondern ihn den anliegenden Kleingärtnern nur wie bisher zur Verfügung zu stellen – bis „zur Wiederinanspruchnahme der Wegefläche durch die Stadt“ (Schreiben Stadtgartenamt, Aufhebung Reitweg, 1950, S. 1).
Die Stadt will den Alten Reitweg nämlich „später“ zum Promenadenweg ausbauen, um die Wabetalaue als stadtnahes Erholungsgebiet zu erschließen – nur für Fußgänger!, „jede anderweitige Nutzung, z.B. befahren mit Fahrrädern oder Handwagen, soll nicht erlaubt werden.“ (Schreiben Stadtgartenamt, Aufhebung Reitweg, 1950, S. 1) Die Pächterinnen und Pächter der Gärten Nr. 89–81 sowie Nr. 90–96 und Nr. 119 dürfen an besagter Stelle, wo der Promenadenweg sich erstrecken wird, keine Dauerkulturen wie Obstbäume anlegen und müssen sich darauf gefasst machen, „keine Entschädigungen irgendwelcher Art“ (Schreiben Stadtgartenamt, Aufhebung Reitweg, 1950, S. 2) zu erhalten, sobald dann tatsächlich geräumt wird.
Aufhebung des Alten Reitwegs: Allgemeinheit würde „nicht geschädigt“, aber Einzelinteressenten im KGV Mutterkamp würde „sehr geholfen“?!
Die Argumentation des Vereinsvorstands zündete also schlussendlich nicht: Es seien „zum Spazierengehen und Reiten in der Umgebung der Stadt genug andere Möglichkeiten gegeben“. Die Stadtverwaltung priorisiert die „Interessen der Allgemeinheit“ höher als diejenigen der Anliegerinnen und Anlieger des zu Wiesen umgenutzten, beweideten Alten Reitwegs. Das werden die Kleingärtnernden (letztlich) als „Schädigung“ und Benachteiligung erlebt haben: „Die einmütige Bitte des Gartenvereins ,Mutterkamp‘ ist es nun [im Mai 1946], die zuständige Stelle der Stadtverwaltung zu bitten, die Aufhebung der Wege auch weiterhin zu fanktionieren [garantieren], da ja zum Spazierengehen und Reiten in der Umgebung der Stadt genug andere Möglichkeiten gegeben sind.“ (Vorstandsschreiben Reit-/Fahrweg, 1946, S. 1)
Neue, von (neuer) Stadtverwaltung angestoßene Entwicklung: Einzelinteressenten im KGV werden „geschädigt“ und die Allgemeinheit bevorzugt: Es braucht einen Promenadenweg zur Wabetalaue.
Es hilft nichts. Der Gartenvereinsvorstand führt der Stadtverwaltung vergeblich vor Augen, was aus seiner Sicht der Fall wäre, wenn die Stadtbevölkerung zugunsten der Anlieger darauf verzichten würde, auf dem Alten Reitweg zu fahren, zu reiten oder zu spazieren – zugunsten der Parzellanten uns Parzellantinnen wie Wiesenbesitzerinnen und Wiesenbesitzer: „Die Allgemeinheit wird nicht geschädigt, aber den Interessenten wird sehr geholfen, denn es wird eine große Quelle von Schäden und Nachteilen beseitigt, unter denen sie jahrelang sehr gelitten haben.“ (Vorstandsschreiben Reit-/Fahrweg, 1946, S. 1) Vorschau: Ab Januar 1965 wird die „Wiederfreimachung des Alten Reitwegs“ und die Kündigung der Grabelandnutzung in Gang kommen (vgl. Schreiben Aufhebung Reitweg, 1965).
Quellen:
- Stadt Braunschweig / Stadtgartenamt (24.07.1950): „C 4 Lö./Re. Aufhebung des Reitweges am ‚Mutterkamp‘“. Durchschlag. 2 Seiten. Stadtarchiv Braunschweig. (Schreiben Aufhebung Reitweg, 1950)
- Vorstandsschreiben (10.05.1946): „An das Stadtgartenamt Braunschweig“. Ohne Verfasser:in [vermutlich W. Peters]. 2 Seiten. Archiv KGV Mutterkamp. (Vorstandsschreiben Reit-/Fahrweg, 1946)
- Stadt Braunschweig / Städt. Gartendirektor (20.01.1965): „67,1 727. : Kündigung des Grabelandes am alten Reitweg. Bezug: Besprechung am 18.1.1965.“ 2 Seiten. Stadtarchiv Braunschweig. (Schreiben Aufhebung Reitweg, 1965)