Menü Schließen

Nr. 083: Morus alba, die weiße Maulbeere

Nr. 083: Morus alba, die weiße Maulbeere

Kleingärtnernde waren verpflichtet, Maulbeerbüsche zu kultivieren – „aus wehr- und wirtschaftspolitischen Gründen“. NS-Programm zur Seidenraupenzucht (jedoch) „nur mäßig erfolgreich“

Von Maulbeerblättern ernährt sich eben der Seidenspinner. Und „Naturseide“ wurde zu einem „unentbehrlichen Rohstoff“ für Fallschirme erklärt, „der sich durch andere Spinnstoffe nicht ersetzen lässt“. So verlautbarte die NS-Zeitung „Min Land“ im Februar 1938 (zit. nach BDG 2021, S. 79, S. 233): „Der Ausbau unserer Seidenraupenzucht ist heute aus wehr- und wirtschaftspolitischen Gründen zu einer Notwendigkeit geworden.“ Die Maulbeerhecke symbolisiert also, dass das Kleingartenwesen indirekt in die Kriegsvorbereitungen miteinbezogen wurde. Maulbeerbüsche waren zentral organisiert angeliefert worden und es hatte entsprechend organisierte Schulungen gegeben, um aus den Kokons in den verarbeitenden Spinnhütten Seide zu spinnen.

Wenn Gartenfreunde eine Laube baurechtlich genehmigen lassen, kann es sein, dass sie auf veraltete Lagepläne zurückgreifen. Von daher ist in diesem mit 1976 gestempelten Lageplan kein Promenadenweg ersichtlich. Stadtarchiv Braunschweig. Sign. E 32,1 Nr. 341.17 (A3-941/56 33/46).

Maulbeerhecke bringt (sowieso) nichts ein und bietet eher Unterschlupf für Diebe sowie Pflanzenschädlinge – stattdessen „5 Gärten für friedliche Zwecke“.

Die Maulbeerhecke bezeugt zwar, dass auch das Kleingartenwesen rund um die „Parzelle Nußberg“ in Braunschweig für kriegswichtig erachtet wurde, doch es handelt sich (allerdings leider) um „eine Maulbeerhecke, die praktisch garnichts einbringt[,] aber dem Diebesgesindel im Herbst guten Unterschlupf bietet.“ (Antrag Stadtgartenamt Einverleibung Reit-/Fußweg, 1947) Gemeint ist Folgendes: „Es wurde auch beobachtet, daß die Verästelungen der Hecken, die inzwischen ziemlich stark geworden waren, den Dieben ein leichtes Übersteigen ermöglicht[en].“ Die Hecken machen nicht nur die Wege unübersichtlich, sodass „sich das Diebesgesindel leicht dahinter verstecken und arbeiten konnte.“ (Vorstandsschreiben Reit-/Fahrweg, 1946) Die Maulbeerhecken bilden zudem den Lebensraum für Gartenschädlinge, „deren Bekämpfung und Ausrottung [sich] infolge des umfangreichen Wurzelwerkes als erfolglos erwies.“ (Vorstandsschreiben Reit-/Fahrweg, 1946) Ein Beispiel für einen (damals) aktiven „Gartenschädling“ sei ergänzt: Mit der „Blutlausvernichtung durch die Blutlauszehrfliege“ wird sich der Gartenvereinsvorstand im September 1949 befassen (müssen) (Vorstandssitzung, 25.09.1949, PB I, S. 69).

Keine Kosten für die Stadt: Verein würde Drahtzaun in Ordnung bringen.

Vorstand Gramann führt in seinem Schreiben vom 15. Oktober 1947 ans Stadtgartenamt weiter aus: Dem Gartenverein Nußberg sei es gelungen, den alten Zustand vor 1933 wiederherzustellen und den Durchgangsverkehr von der Friedrich-Ebert-Allee nach Gliesmarode durch Schranken Einhalt zu gebieten. „Wir bitten daher, unseren Grenzzaun bis etwa 0,50 m von den Akazienbäumen aufstellen zu dürfen.“ Auf diese Weise fiele der Reit- und Fußweg weg, dafür würden „aber zirka 2 000 qm Brachland für nützliche Zwecke gewonnen und wir als Gartenverein-Vorstand können 5 Gärten a 400 qm für friedliche Zwecke abgeben.“ Der Stadt entstünden keinerlei Kosten, denn der Gartenverein selbst würde den Zaun in Ordnung bringen, „ein unnötiges Pflügen des Reitweges und Schneiden der Hecke von Seiten der Stadt könnte aufhören.“ (Antrag Stadtgartenamt Einverleibung Reit-/Fußweg, 1947)

„Drahtzaun verrostet bloß“.

Der KGV Mutterkamp hat eine Idee, wie der Drahtzaun (weiter)verwendet werden könnte, an dem die Maulbeerhecke mäßig wächst: „Der Vorstand steht auf dem Standpunkt[,] den Draht vom Reitweg zu verkaufen, denn derselbe würde doch blos verrosten und manchen Gartenfrd. würde noch geholfen“ (Erweiterte Vorstandssitzung, 27.06.1949, PB I, S. 62–63, hier S. 62).

Im Lageplan von 2002 ist der alte Reitweg bzw. Weg C – Fußweg – Fahrweg – Grenzweg – Querweg – Verbindungweg – Promenadenweg ersichtlich. Archiv KGV Mutterkamp e. V.

Quellen:

  • Min Land. Monatszeitung der Bremer Kleingärtner und Siedler (1938): „Seidenbau in Kleingärten“. 14. Jg. Heft 2, Februar 1938, S. 25. Zitiert nach: BDG / Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V. (2021) (Hrsg.): Die ersten 100 Jahre. Die Verbandsgeschichte des deutschen Kleingartenwesens. Von Catharina Paetzelt. Berlin, S. 79, S. 233.
  • Gramann, Heinrich (15.10.1947): „An das Stadtgartenamt in Braunschweig. Antrag auf Einverleibung des Reitweges und des Fussweges längs der Eisenbahnlinie am Nussberg bis zur Angrenzung des Gartenvereins Nussberg.“ 1 Seite. Stadtarchiv Braunschweig. (Antrag Stadtgartenamt Einverleibung Reit-/Fußweg, 1947)
  • Vorstandsschreiben (10.05.1946): „An das Stadtgartenamt Braunschweig“. Ohne Verfasser:in [vermutlich W. Peters]. 2 Seiten. Archiv KGV Mutterkamp. (Vorstandsschreiben Reit-/Fahrweg, 1946)
  • Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten. (PB I)