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Nr. 080: „(nötige) Belehrungen“ bitte „in höflicher Form“

Nr. 080: „(nötige) Belehrungen“ bitte „in höflicher Form“

Hecken „unsauber“ – Fensterscheibe gestohlen – anonyme Beschuldigung – erfolglose (Wohn-?)Hausdurchsuchung – Diebinnen und Diebe mit größter Verachtung strafen – Vertrauen untereinander

Inwiefern wird er anhand der Vereinsprotokolle „spürbar“, ein Wandel der Sprache der vereinsinternen Kommunikation in den ausgehenden 1940er Jahren und beginnenden 1950er Jahren? Und vermag ausgerechnet die zweckbestimmte Textsorte „Vereinsprotokoll“, eine „Stimmung“ im KGV Mutterkamp zu transportieren? Es kommt ja auch auf die (zufällige) „Kompetenz“ der Protokollierenden an. Dieser Blog macht keine Inhaltsanalysen. Doch zu fragen lohnt es sich: Bildet sich der Aspekt der „Reeducation“ (Umerziehung) nach 1945 ab?

Die Protokolle zeigen, dass nach dem Zweiten Weltkrieg viel erörtert wird: „auch kommt zur Sprache die Unsauberkeit in den Hecken. Auch kommt zur Sprache daß eine große Fensterscheibe der Gartenfrdi. Schab [Nr. 82] gestohlen ist, dieselbe hat eine anonyme Karte bekommen[,] wo Gartenfrd. [Nachname] beschuldigt wird[,] dieselbe gestohlen zu haben. Kriminalbeamte haben Hausdurchsuchung vorgenommen, Resultat ergebnislos.“ (Vorstandssitzung ohne Datum – nach dem 14. September 1947, PB I, S. 50)

Das Grabeland am alten Reitweg bzw. Fußweg – Fahrweg – Grenzweg – Querweg – Verbindungweg – Promenadenweg ist nicht eingetragen im Lageplan „Lageplan der Kleingarten Kolonie Mutterkamp (Stand vom 1. Mai 1946)“. Stadtarchiv Braunschweig. Signatur AVII 5. Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.

„Inordnunghaltung“ der einzelnen Gärten besser als 1948 – weniger Beanstandungen! – Rücksichtnahme auf alleinstehende berufstätige Frauen

„Gartenfrd. Gramann gibt eine Erklärung ab: Wenn ein Gartenfrd. beim Diebstahl erwischt wird, das Diebesgut an sich zu nehmen und genaue Uhrzeit angeben, und solche Gartenfrd. mit größter Verachtung strafen. Gartenfrd. Siedentopf [Nr. 6] ist der guten Ansicht[,] das[s] keiner in Nachbars Garten was zu suchen hat u. jeder Nachbar zum andern Vertrauen haben solle“ (11.01.1948, PB I, S. 52–54, hier S. 53)

Es klingt so, als sei einen Monat später in der erweiterten Vorstandssitzung die Parole „Ruhe bewahren“ ausgegeben worden: „Gramann bittet die Vorstandsmitglieder[,] über Versammlungen den Mund zu halten und Gerüchte möglichst zu unterdrücken, die Inordnunghaltung der einzelnen Gärten sei besser wie im vorigen Jahr [1948], die Beanstandungen seien vom Vorjahr von 15 auf 8 zurückgegangen, auch soll Rücksicht genommen werden auf allein stehende Frauen[,] die in Arbeit stehen.“ (Erweiterte Vorstandssitzung am 11.09.1949, PB I, S. 65–66, hier S. 65)

Stadt Braunschweig / Stadtgartenamt (24.07.1950): „C 4 Lö./Re. Aufhebung des Reitweges am ‚Mutterkamp‘“. Durchschlag. 2 Seiten, hier S. 1. Stadtarchiv Braunschweig. Sign. E 32,1 Nr. 341.17 (A3-941/56 33/46). (Schreiben Aufhebung Reitweg, 1950)
Stadt Braunschweig / Stadtgartenamt (24.07.1950): „C 4 Lö./Re. Aufhebung des Reitweges am ‚Mutterkamp‘“. Durchschlag. 2 Seiten, hier S. 2. Stadtarchiv Braunschweig. Sign. E 32,1 Nr. 341.17 (A3-941/56 33/46). (Schreiben Aufhebung Reitweg, 1950)

Welche Aufgaben hat der „Gartenwart“?

Der Vorstand hält die „Inordnunghaltung“ der Gärten für eine Aufgabe aller Kleingärtnernden – nicht nur der „Gartenwart“ hat sich darum zu kümmern: „Gartenfrd. Lange 22 stellt die Anfrage über Pflichten u. Rechte des Gartenwarts, der 1. Vorsitzende gibt eingehende Erläuterungen darüber ab, aber jeder Nachbar solle zum andern Nachbarn die Aufsicht führen[,] damit die Gärten in Ordnung gehalten werden.“ (18.09.1949, PB I, S. 67–68, hier S. 67) Zwar sollen die Nachbarinnen und Nachbarn einander demnach „kontrollieren“, doch dies soll freundlich geschehen: „Der 1. Vorstand bittet die Gartenfrde.[,] falls eine Belehrung nötig tut[,] dieses in höflicher Form zu machen, auch soll der Gartenwart so unterstützt werden[,] falls derselbe seine Pflicht tut[,] nicht von Seiten der Vorstandsmitglieder in den Rücken gefallen wird.“ (25.09.1949, PB I, S. 69)

Quellen:

  • Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten. (PB I)