Nr. 067: Chronik von 1960 schreibt (noch) über den Zweiten Weltkrieg.
Liebgewordene Gartenfreunde und deren Angehörige reißt das bittere Kriegsgeschehen in den Tod. Die Chroniken 1985, 1995, 2005, 2010 und 2015 bleiben oberflächlich-sachlich.
Am nächsten dran am Geschehen seit der Gründung 1935 ist die Chronik von 1960 anlässlich der 25-Jahr-Feier. Darin ist zu lesen: Der Krieg zwingt nun unsere Gartenfreunde, auf Rasen- und Zieranlagen zu verzichten, und die Gärten als wirtschaftliche Nutzgärten zu gestalten. Liebgewordene Gartenfreunde und deren Angehörige reißt das bittere Kriegsgeschehen in den Tod. Laufende Diebstähle in der Kolonie erfordern die Einrichtung einer ständigen Gartenwache, die noch bis weit in die Nachkriegszeit tätig bleibt und dabei doch recht unbeliebt ist. Die Chronik von 1985 / 50 Jahre und der lose chronistische Text von 1995 / 60 Jahre lassen Schilderungen des Zweiten Weltkriegs weg, gleichfalls die Chroniken von 2005 / 70 Jahre, 2010 / 75 Jahre und 2015 / 80 Jahre.
Gärten der „Kriegskameraden“ mitbetreuen
Wie spiegelt sich die Zeit seit dem militärischen Angriff Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 in den Gartenvereinsprotokollen wieder? Im Juni 1940 ist notiert: „Als Gartenkameraden haben wir die Gärten der Kriegskameraden mit zu betreuen.“ (01.06.1940, PB I, S. 28–29, hier S. 29) Im Mai 1941 heißt es: „Zu Weihnachten wurde der Kameraden, die in der Wehrmacht stehen, gedacht und ihnen ein kl. Päckchen mit Likör und Zigaretten gesandt mit folgendem Begleitschreiben: ,Unsern lieben Gartenkameraden, die in der Wehrmacht stehen, senden wir zum Weihnachtsfeste herzliche Grüße. Wir wünschen, daß uns allen ein baldiger, ehrenvoller Friede beschieden sein möge und Sie glücklich wieder heimkehren zu Ihren Angehörigen und Gartenkameraden. Das kl. Päckchen soll ein Zeichen der Verbundenheit und Kameradschaft sein.‘ Meyer [Garten-Nr. 16, vormals hatte diesen Gfr. Fröling gepachtet]. Schriftführer.“ (25.05.1941, PB I, S. 30–31, hier S. 31 f.)
„Zelle II (Mutterkamp)“ der „Parzelle Nußberg“
Der KGV Mutterkamp zählt 118 aktive und 2 passive Mitglieder, als er 1941 zu „Zelle II (Mutterkamp)“ umgewidmet wird. „Am Sonntag, dem 25. Mai [1941], fand eine Begehung der Gärten unserer Parzelle statt unter der außerordentlich sachkundigen Führung unseres Fachberaters, Gartenkamerad Gramann [Nr. 11], statt.“ (25.05.1941, PB I, S. 30–31, hier S. 30) Am 21. Juli 1941 versammeln sich dann „alle Parzellen des Vereins Nußberg“. Das Treffen ist „angesetzt im Vereinshause Nußberg“. Johannes Glaser, Nr. 117, Vorstand 1939–1946, heißt jetzt „Parzellenführer“. Mit dem „Vereinsführer“ ist jetzt der Vereinsleiter/„Führer“ der „Parzelle Nußberg“ gemeint, Otto Thies.
„Zelle I (Soolanger)“ – neuer Name des dritten (zwangs-)„zusammengelegten“ KGV?!
Ich gehe davon aus, dass sich der KGV Soolanger in „Parzelle I“ bzw. „Zelle I (Soolanger)“ der „Parzelle Nußberg“ zwangsumbenennen musste. Ein Blick ins Braunschweiger Adressbuch erbringt keinen Nachweis. 1940 taucht darin – erstmals und für die 1930er und 1940er Jahre einmalig – der „Kleingärtnerverein Sool=Anger, E. V. Vereinsleiter: Bezirksdirektor Georg Wetzlar, Wilhelm-Friedrich-Loeper-Str. 58.“ auf (Braunschweigisches Adreßbuch 1940, S. 29). Dann erst wieder 1950: „Kleingärtnerverein ,Soolanger‘. Vors.: W. Stübig, Husarenstr. 58.“ (Braunschweigisches Adreßbuch 1950, S. 17)
Quellen:
- Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten. (PB I)
- Braunschweigisches Adreßbuch (1940): Braunschweigisches Adreßbuch 1721 ff. Meyer-Verlag. Online: https://leopard.tu-braunschweig.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbbs_derivate_00042339/2237-1979.pdf, S. 29 [10.12.2023]
- Braunschweigisches Adreßbuch (1950): Braunschweigisches Adreßbuch 1721 ff. Meyer-Verlag. Online: https://leopard.tu-braunschweig.de/servlets/MCRFileNodeServlet/dbbs_derivate_00042743/2238-5198.pdf, S. 17 [19.12.2023]