Nr. 063: Was garantiert der Begriff „Dauerkolonie“ überhaupt?
„Unangenehmer“ Bericht von der Haupttagung des Landesverbands – Richtet der Landesverband dann (schlicht) eine „neue Musterkolonie“ ein? – „Einspruch“!
Von der Haupttagung des Landesverbands des „Reichsbunds der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands e. V.“ [wo stattgefunden?] berichten die Gartenfreunde Ebert, Garten-Nr. 118, und Stock, Nr. 98, im Februar 1936: „Für uns besteht einstweilen keine Gefahr der Räumung, da unser Pachtvertrag auf 12 Jahre [bis Oktober 1947] abgeschlossen ist. Es ist zu wünschen, daß wir im nächsten Jahre mehr Teilnehmerkarten für die Tagung bekommen, damit mögl. viel Mitglieder auch an den Vorträgen teilnehmen können.“ (12.02.1936, PB I, S. 14–16, hier S. 14 f.)
„Räumung“ – wie bitte?!
Stichwort „Räumung“?! Halten sich die politische Akteure nicht an ihre Absprachen? Ging es nicht gerade darum, sich zu fragen, ob allgemein gültige „Lehren“ aus den Erfahrungen der im Frühjahr 1935 von der Heinrichstraße auf den Mutterkamp zwangsumgesiedelten Kleingärtnernden gezogen werden könnten? Sollten ihre Sorgen ungehört verpuffen? Nach einer kurzen Notiz zum „Zaunthema“ – Vereinsführer berichtet, Landesgruppenführer Dippold hätte gesagt, der Stadtrat billige die Umzäunung und der Hersteller verzichte auf den Auftrag – irritiert der nächstfolgende Satz gänzlich: „Eine neue Musterkolonie wird auf Kosten des Landesverbandes geplant.“ (12.02.1936, PB I, S. 14–16, hier S. 15)
Rücksprache und Aussprache mit dem Stadtrat, mit dem Kleingärtnerreichsbund, mit dem OB – und dem Landesgruppenführer sowieso.
Gfr. Rünger muss im Januar/Februar 1936 das Amt von Gfr. Peters übernommen haben. Das Protokoll vom 12. Februar 1936 gibt wieder, wie Gfr. Rünger darauf reagiert, dass eine gänzlich neue Musterkolonie geplant werden soll, die der Landesverband dann zu bezahlen hätte: „Der Vereinsführer hat dagegen Einspruch erhoben und gefordert, unserer Kolonie aus Billigkeitsgründen die Hälfte der Unkosten zu ersetzen.“ (12.02.1936, PB I, S. 14–16, hier S. 15)
„Anwürfe entkräftigen“
Schweißt die gemeinsame Erfahrung zusammen, nach der Zwangskündigung von den städtischen Auflagen und Richtlinien „überrumpelt“ worden zu sein und von den Kosten überfordert zu werden? Ermutigt diese Erfahrung die Kleingärtnernden? „Es entspinnt sich über diesen Punkt eine lebhafte Aussprache & es wird beschlossen, bei dem Rate der Stadt und beim Reichsbunde der Kleingärtner vorstellig zu werden. G. F. Rünger stellt sich zur Aussprache mit dem Oberbürgermeister [Dr. Wilhelm Hesse, NSDAP, 1933–1945] zur Verfügung. Herrn Dippold soll mit der sozialen Struktur des Vereines aufgewartet werden, um seine Anwürfe zu entkräftigen.“ (12.02.1936, PB I, S. 14–16, hier S. 15 f.)
Quellen:
- Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten. (PB I)