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Nr. 058: Gartenhäuschen zu verkleiden mit Nut- und Federbrettern

Nr. 058: Gartenhäuschen zu verkleiden mit Nut- und Federbrettern

Die Holzbretter an der Fassade der Gartenhäuschen sind senkrecht zu befestigen, nicht waagerecht und auch nicht kreuz und quer – warum?

Die Chroniken (1960, 1985, 1995) geben wieder, was die Richtlinien der Stadt vorgegeben hatten (Richtlinien 1935): Das Gartenhäuschen soll – als Außenwand – mit Nut- und Federbrettern senkrecht verkleidet werden. Es soll an dieser Stelle nichts überbewertet werden. Dennoch ist es interessant, kurz darüber nachzudenken: Macht es einen Unterschied, in welcher Ausrichtung Holzlatten an Gartenlauben angebracht werden? Im Jahr 1935 wünscht das städtische Hochbauamt eine senkrechte/vertikale Holzfassade. Warum? Verwundert das?

Vereinfacht gesagt: Senkrecht angebrachte Nut- und Federbretter betonen die Höhe des Gebäudes und lassen die Laube dadurch „moderner“, (dennoch) zeitloser, städtischer wirken. Im Gegensatz dazu hätte eine horizontale/waagerechte Holzfassade die Breite der Laube betont, ihr dadurch optisch Stabilität verliehen, wie es bei Bauten im ländlichen Raum vermehrt verbreitet ist (vgl. Verbände der Holz- und Möbelindustrie HDH/VDM 2013).

Historischer Bauplan (1967). Hobby-Gewächshaus. Nr. 119 / Walter Sendzik. Stadtarchiv Braunschweig: E 32,1 Nr. 341.17 (A3-941/56 33/46); E 63, 267–270, Akz. 2008/167, Hefte 1–4; E 67: 158 (67–323).

Wunsch nach Vereinheitlichung – Wunsch nach Kontrolle über die Optik

Die Braunschweiger Stadtverwaltung fixiert im Jahr 1935 ihre Anforderungen an die Optik der Gartenlauben des KGV Mutterkamp schriftlich. Setzt sie damit einen „neuen“ Akzent, verglichen mit der Entstehungszeit der Schrebergärten ab 1903 in Braunschweig?

Zunächst verwendete man wohl eher Baustoffe und Materialien, auf die man eben schlicht Zugriff hatte, je nach beruflichem Hintergrund und damit verknüpfter praktischer Kompetenz im Umgang mit den Werkstoffen. In jedem Fall verfolgte das städtische Hochbauamt das Prinzip der „Einheitlichkeit“, indem es vorgab, wie die Holzlatten an den Gartenlauben anzubringen seien.

Dies scheint schon etwas Neues gewesen zu sein im Vergleich zu den Anfängen: „Das war natürlich mit der Arbeiterbewegung verzahnt, denn die Schrebergartenvereine waren von kleinen Leuten gebildet. Es gab (in Braunschweig) einen oder zwei, die etwas exklusiver waren, aber das, was hier sonst so an Gartenvereinen bestand, war eben stark durchsetzt mit Arbeiterfamilien oder kleinbürgerlichen Familien. Und da gab es also neben den politischen auch menschliche Kontakte, die sich eben aus der Nachbarschaft, aus gemeinsamen Interessen, aus gemeinsamen Erlebnissen heraus entwickelten.“ (Walter Pape, geb. 1903, zit. nach Bajohr 1984, S. 198; Lang und Stallmach 1990, S. 96)

Historischer Bauplan (1975). Nr. 24 / Stolz. Ansicht. Detailpunkte A–C. Stadtarchiv Braunschweig: E 32,1 Nr. 341.17 (A3-941/56 33/46); E 63, 267–270, Akz. 2008/167, Hefte 1–4; E 67: 158 (67–323).

Quellen:

  • Städtisches Hochbauamt Braunschweig (März 1935): „Richtlinien für die Einrichtung der Kleingärten im Mutterkamp“. 2 Seiten. Archiv KGV Mutterkamp. (Richtlinien 1935)
  • Verbände der Holz- und Möbelindustrie HDH/VDM (16.10.2013): Natur pur in der Architektur. Häuser mit Holzfassaden zeigen Charakter. Online: https://www.holzindustrie.de/en/presse/index.html?NID=982 [06.12.2023]
  • Bajohr, Stefan (1984): Vom bitteren Los der kleinen Leute. Protokolle über den Alltag der Braunschweiger Arbeiterinnen und Arbeiter 1900 bis 1933. Köln.
  • Lang, Heidi und Stallmach, Hans (1990): Werkbank, Waschtag, Schrebergarten. Fotografien aus dem alltäglichen Leben der Braunschweiger Arbeiterschaft im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Hrsg. vom Arbeitskreis Andere Geschichte e. V. Braunschweig: Steinweg.