Nr. 049: Hängt Führungsposition im Kleingartenverein zumeist von Parteimitgliedschaft ab?
Gibt es nach dem Zweiten Weltkrieg (auch) in der Trizone „Vermögensübertragungen“ in Kleingartenvereinen? In dieser Form etwa: Kündigung – Wertermittlung – Einzahlung auf Sperrkonto – Einbehalt des Vermögens?
Im Vereinsvorstand gab es NSDAP-Mitglieder, da Führungspositionen zumeist von einer Parteimitgliedschaft abhängig gewesen waren – „zwischen aktiven und passiven (nominellen) Parteigenossen“ wurde unterschieden (vgl. Bezirksverband der Kleingärtner Berlin-Weißensee 2018, S. 16 f.). Die USA entnazifizierten bis Ende März 1948 (vgl. LEMO 2017). Das „Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes“ trat 1951 in Kraft trat, nachdem es im Dezember 1948 von den Vereinten Nationen (UN) auf ihrer Generalversammlung verabschiedet worden war. Das Prozedere, wie nach 1945 mit Gärten von NSDAP-Mitgliedern verfahren wurde, beschreibt der Berlin-Weißenseer Kleingärtner-Bezirksverband: ordnungsgemäße Kündigung, Abschätzung, Einzahlung der Wertermittlung auf ein Sperrkonto der zuständigen Bezirkskasse – keine Auszahlung, Einbezug des „Vermögen[s] von Kriegsverbrechern und Parteiaktivisten“ in die „Deutsche Treuhandverwaltung“ – Letzteres durch die Sowjetische Militärische Verwaltung. Gab es „Vermögensübertragungen“ nach dem Zweiten Weltkrieg auch bei Kleingartenvereinen in der Trizone, also der gemeinsamen Verwaltung der britischen, französischen und amerikanischen Besatzungszonen?
Denazifizierung der Stadtverwaltung Braunschweigs
Die Zahlen für Braunschweig lesen sich so: „Bei der Braunschweiger Stadtverwaltung wurden im Zuge der Entnazifizierung 353 von 1715 Mitarbeitern entlassen. 36 Prozent aller Beamten, 20,5 Prozent der Angestellten, aber nur 6,1 Prozent der Arbeiter waren durch aktive Unterstützung der NSDAP belastet. Die Braunschweiger Polizei, damals [vor dem Herbst 1945] noch der Stadtverwaltung zugeordnet, musste sich auf alliierte Anordnung ebenfalls von mehr als 400 Beamten und Angestellten trennen, die der NSDAP angehört hatten.“ (Biegel 2020, S. 6)
„nicht mehr zweckmäßig“: „Entnazifizierung im Gartenverein“
Im Protokoll der „Vorstandssitzung im Vereinsheim, den 6. Sept. 1947“ steht jedenfalls (für mich erstaunlicherweise): „Eine Vorlesung[,] herausgegeben von Hannover zwecks Entnazifizierung im Gartenverein[,] wird vom Vorstand als nicht mehr zweckmäßig betrachtet.“ (06.09.1947, PB I, S. 48) Heinrich Gramann, Garten-Nr. 11, Feinmechaniker, amtiert zum damaligen Zeitpunkt als 1. Vorsitzender des Vorstands (1946–1951) sowie Wilhelm gen. Willy Kibbat, Garten-Nr. 20, Angestellter, Beruf: Pförtner, als I. Schriftführer. Deren Entnazifizierungsbögen wie auch diejenigen des Stellv. Vorsitzenden Paul Bänsch, Nr. 83, Betriebsbeamter bei BÜSSING-NAG, und des Kassierers Edwin Schieverhöfer, Nr. ?, selbstständiger Kaufmann, sind im Stadtarchiv Braunschweig vorhanden. In Fragebögen hatten die vier der Militärregierung „über die politische Zuverlässigkeit Auskunft“ gegeben und erklärt: „Der Verein ist bereit, sich der Polizeiaufsicht zu unterwerfen.“
Quellen:
- Bezirksverband der Kleingärtner (BZV) Berlin-Weißensee e. V. / Arbeitsgruppe „Weißenseer Kleingartentradition“ (2018): Märchenland – die wohl größte Kleingartenanlage Deutschland. Entstehung und Entwicklung. Informationen. Dokumente. Analysen. Teil 24. Schriftenreihe zur Geschichte der Weißenseer Kleingartenbewegung. Online: https://www.kleingaertner-weissensee.de/Dokumente/Dokumente/heft_24.pdf [20.12.2023]
- LEMO / Lebendiges Museum Online (2017): Entnazifizierung. Von Andreas Grau, Regina Haunhorst und Markus Würz. Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Online: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/entnazifizierung-und-antifaschismus/entnazifizierung.html [15.12.2023]
- Biegel, Gerd (2020): 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Nachkriegsnöte und Proteste – ein Land und eine Stadt auf dem Weg zum demokratischen Neuanfang. Ein Essay. Folge 1. Online: https://www.tu-braunschweig.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=111291&token=9d2c376121eeac11ab555dd5442f2f30fcf65afe [16.12.2023]
- Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten. (PB I)