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Nr. 041: Undemokratische Ämtervergabe und Ämterhäufung

Nr. 041: Undemokratische Ämtervergabe und Ämterhäufung

Auch der Braunschweiger Ableger des deutschen Kleingärtner- und Kleinsiedlerreichsbunds gliedert sich – wie in ganz Deutschland – nach dem „Führerprinzip“: Reichsbund, Fachschaft, Gau, Kreis, Ort/Stadt.

Der KGV Mutterkamp ist also kein „Einzelstück“. Im Bezirk „LVB Fal“ gründen sich vor 1935 „Siegfried“ (1930), „Dammweg“ (1931), „Grasweg“ (1932) und „Hohefeld“ (1932). Ist der KGV Mutterkamp dafür die erste sog. Dauerkolonie nach der Gleichschaltung im Juli 1933? Um welche „Weisungen des Landesschulungsleiters“, Gartenfreund (Gfr.) Funccius, geht es denn, denen laut Protokoll zu folgen ist, „damit eine Musterkolonie auch entstehen würde“? (17.05.1935, PB I, S. 1–2, hier S. 1)

1950er Jahre: Übersicht Gründungsmitglieder die seit der Gründung dem Verein angehören. Gründungsmitglieder die seit dem Jahre 1935 verstorben sind. Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.
1950er Jahre: Übersicht Gründungsmitglieder die seit der Gründung dem Verein angehören. Gründungsmitglieder die seit dem Jahre 1935 verstorben sind. Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.

Landesgruppe Braunschweig …

Entsprechend zum „Führerprinzip“ der NSDAP untergliedert sich auch der dt. Kleingärtner- und Kleinsiedlerreichsbund hierarchisch: Auf den „Reichsbundführer“ folgt die Ebene „Fachschaftsführer“ Kleingärtner/Kleinsiedler, dann folgen die Ebenen Gau (Landesgruppe), Kreis (Stadtgruppe) und Ort/Stadt (Ortsgruppe) (BDG 2021, S. 69). Der im ersten Vereinsprotokoll erwähnte „Landesgruppenführer Dippold“ (Gauebene) ist wohl mit diesem Eintrag im „Braunschweigischen Adreßbuch 1935“ gemeint: „Dippold, Eberhard, Kontorist, Axel=Schaffeld=Weg 19 F 4182“ (Braunschweigisches Adreßbuch 1935, S. 69). Zum einen gibt es keinen weiteren Eintrag für diesen Nachnamen. Und zum anderen bestätigt das Adressbuch von 1936 unter der Rubrik „Schrebergarten=Vereine.“ mit folgendem Eintrag die Person Dippolds: „Landesgruppe Braunschweig im Reichsbunde der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands, E.V. Landesgruppenführer: Kontorist Eberhard Dippold, Br.=Gliesmarode, Axel=Schaffeld=Weg 19.“ (Braunschweigisches Adreßbuch 1936, S. 24)

… oder „Bezirksgruppe Braunschweig“ im „Landesbund Niedersachsen“?!

Obwohl ich gewissenhaft recherchiert habe und folglich behaupten kann, es gebe im Kleingarten(verbands)wesen der NS-Zeit klare Hierarchien, so bin ich selbst irritiert. Im von mir gesichteten Archivmaterial des KGV Mutterkamp inkl. Vereinschroniken ist nämlich stets von der Landesgruppe zu lesen. Nun steht in der Festschrift des „Landesverbands Braunschweig der Gartenfreunde e. V.“ aus dem Jahr 1995 (vgl. Landesverband Braunschweig 1995, S. 2, 6, 8), dass die Bezeichnung (jedoch) „Bezirksgruppe Braunschweig“ im „Landesbund Niedersachsen“ des „Reichsbunds der Kleingärtner und Kleinsiedler Deutschlands e. V.“, Berlin, gelautet haben soll. Und diese Bezeichnung leuchtet ja wiederum ein, da auch der 1920 gegründete „Verband der Schreber- und Kleingartenvereine für den Freistaat Braunschweig e. V.“ nicht unabhängig bleiben konnte und gleichgeschaltet worden war.

Peters, Wilhelm (1951b): „Abschrift! Namen der Gründungsmitglieder der Kleingarten-Kolonie Mutterkamp“. Archiv KGV Mutterkamp. 1 Seite. (Abschrift Gründungsmitglieder, 1951)
Peters, Wilhelm (1951b): „Abschrift! Namen der Gründungsmitglieder der Kleingarten-Kolonie Mutterkamp“. Archiv KGV Mutterkamp. 1 Seite. (Abschrift Gründungsmitglieder, 1951)

„Gartenbezirksobleute“ – „Bezirksobmann“ – „Bezirksgruppe“

In den Gartenvereinsprotokollen des KGV Mutterkamp bis 1945 fallen allerdings weder die Begriffe „Bezirksgruppe Braunschweig“ noch „Landesbund Niedersachsen“. Warum? Das Braunschweiger Adressbuch allerdings verzeichnet Gfr. Rünger, Garten-Nr. 103, 1940/41 nicht nur als „Vereinsleiter“ des „Gartenvereins ,Mutterkamp‘, E.V.“, sondern zugleich als „Gruppenleiter“ der „Bezirksgruppe Braunschweig im Landesbund Niedersachsen im Reichsbund deutscher Kleingärtner, E.V.“ (Braunschweigisches Adreßbuch 1940, S. 29; Braunschweigisches Adreßbuch 1941, S. 31). Und das Adressbuch von 1942 erwähnt Gfr. Diederich, Nr. 109, als „Stellv. Gruppenleiter“ (Braunschweigisches Adreßbuch 1942, S. 31).

Im Protokollbuch ist 1935 nur von „Gartenbezirksobleuten“ die Rede, was sich auf den „Unterbezirk Fallersleber Tor“ beziehen dürfte (11.09.1935, PB I, S. 7–8, hier S. 8). 1942, als der KGV Mutterkamp zum damaligen Zeitpunkt zur „Zelle II“ der „Parzelle Nußberg“ geworden war, wird nicht nur der „Landesobmann“ begrüßt, sondern auch der „Bezirksobmann“ (12.04.1942, PB I, S. 32–34, hier S. 32). Im März 1943 prüft „die Bezirksgruppe“ die Rechnung der Vereinskantine und die Arbeit des Kassenprüfers (07.03.1943, PB I, S. 35–36, hier S. 35).

Quellen: