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Nr. 036: „Geschehen im Stadtpark Restaurant.“

Nr. 036:„Geschehen im Stadtpark Restaurant.“

„Anwesend 62 Mitglieder. Braunschweig, den 17. Mai 1935.“ Stadtgruppenführer anwesend, „Landesgruppenführer“ anwesend. Der „Landesschulungsleiter“ ist (zufälligerweise?!) Vereinsmitglied im Mutterkamp und wird zum Vereinsschriftführer bestimmt.

Protokollbuch Erstes Protokoll vom 17 Mai 1935. Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.
Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten, hier S. 1. (PB I)

Der Begriff der Kolonie mit Vorzeigecharakter (Musterkolonie) taucht wie gesagt im Protokoll zur allerersten dokumentierten Vereinssitzung auf. Das Protokoll beginnt so: „Anwesend 62 Mitglieder. Braunschweig, den 17. Mai 1935. Geschehen im Stadtpark Restaurant. Um 20 ½ Uhr eröffnete Stadtgruppenführer Grote die Versammlung, begrüßte die Erschienenen, besonders auch den Landesgruppenführer, Herrn Dippold, und ernannte das Mitglied Funccius, Garten Nr. 22, zum Schriftführer.“ (17.05.1935, PB I, S. 1–2, hier S. 1)

Erst wenn der Schriftführer benannt ist, kann es ein Protokoll geben – eine Dokumentation der Versammlung von April 1935 fehlt dementsprechend

Tatsächlich hatten sich die zwangsvertriebenen Kleingärtnernden aus der alten Kolonie an der Heinrichstraße bereits im April 1935 versammelt, wie aus dem Redemanuskript „Zur 20-jährigen Gründungsfeier“ hervorgeht: „Im Monat April rief der Stadtgruppenführer Grote die erste Mitgliederversammlung wieder im Stadtpark-Restaurant zusammen und bestimmte – wie es damals üblich war – den Gartenfreund Horn (Garten Nr. 18) zum 1. Vorstand des Vereins, und den Gartenfreund Kohlstock (Garten Nr. 90) zum Kassierer. Ein Protokoll oder Anwesenheitsliste wurde bei dieser Versammlung nicht geführt. Schon für den 17. Mai [1935] wurde eine neue Versammlung anberaumt und bestimmt[e] Grote jetzt den Gartenfreund Funccius zum Schriftführer, der auch von dieser Versammlung das erste Protokoll aufnahm.“ (Redemanuskript, 20 Jahre, 1955, S. 2, gesperrt im Original)

1932, Plan der Stadt Braunschweig, oberer Teil
Der Pächter Fricke kündigte das Gartenland zwischen Adamsgraben, Karlstraße und Verlängerung der Heinrichstraße und begründete die Bebauung mit einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Tatsächlich heißt es in einem entsprechenden „Vermerk“ der Abt. G 2 der Braunschweiger Stadtverwaltung vom 2. Mai 1935: „Im Rahmen der diesjährigen Arbeitsschlacht ist geplant, das Gelände zwischen der verlängerten Straße Am Stadtpark und der Schunterstraße nach dem kürzlich beschlossenen Teilortsbauplan zu erschließen und für die Bebauung freizugeben.“ Seit 1933 wurde das bis dahin vorwiegend als Gartengelände genutzte Gebiet zwischen Karlstraße, Wilhelm-Bode-Straße und Stadtpark bebaut. Hier entstand das sogenannte „Fliegerviertel“ mit zwei- bis dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern. Stadtarchiv Braunschweig: Historischer Atlas der Stadt Braunschweig (= Atlas 1), Signatur A III 48: 1.131
Bereits seit 1900 soll der Bebauungsplan das zu Gliesmarode gehörende „Fricke’sches Gelände“ zu Baugelände bestimmt haben.
Bereits seit 1900 soll der Bebauungsplan das zu Gliesmarode gehörende „Fricke’sches Gelände“ zu Baugelände bestimmt haben, so geht aus der Antwort der Stadtverwaltung an Richard Geibel hervor. Abt. C 2/Rbm.Dir./My. (25.04.1934/08.05.1934): 1) An den Schrebergartenverein Heinrichstrasse, z. Hd. Des Herrn Richard Geibel, hier. Kl. Campestrasse 9. Typoskript. Stadtarchiv Braunschweig: Signatur E 66: 414; 1 Seite. (Freigabe Grundstück Fricke für Bebauung, keine Ausweisung als Dauergrünfläche aus Kostengründen, April/Mai 1934)

Gewünschte Umzäunung verursacht Kosten – Bedenken werden laut

Gfr. Funccius protokolliert am 17. Mai 1935: „Herr Grote [Stadtgruppenführer] gab […] in Bezug auf Umzäunung folgende Mitteilung: Die äußere Umzäunung kostet pro Garten RM 35,90. Bis Ende Juni sollen darauf RM 20,00 bezahlt werden. Er appelliert an die bessergestellten Mitglieder und bittet dieselben, den Betrag ganz zu zahlen, um den armen Mitgliedern einen Aufschub bzw. Stundung der Zahlung zu ermöglichen.“ (17.05.1935, PB I, S. 1–2, hier S. 1) Die frisch gebackenen Neuvereinsmitglieder beschließen in derselben Versammlung, wie erwartet und erwünscht, „die Hauptwege mit 1 m hohem Maschendraht einzuzäunen. Garteneingänge vom Hauptwege sind allgemein nicht gestattet. Nur Gärten, die an keinen Nebenweg stoßen, können die Eingangstür vom Hauptwege aus anlegen.“ (17.05.1935, PB I, S. 1–2, hier S. 1

Im April 1935 heißt es in einem Vermerk, dass der Straßenausbau auf dem Parzellengelände „als gesichert anzusehen“ sei, „da auch das anschließende Fricke’sche Gelände [verlängerte Heinrichstraße und projektierte Straße 82, 83 und 84] fast restlos bereits verkauft ist und in diesem Jahre [1935] noch bebaut werden soll.“ Abt. G 2/Stadt Braunschweig (26.04.1935): 1) Vermerk. 2) Herrn Stadtbaurat Gebensleben vorlegen. Typoskript. Stadtarchiv Braunschweig: Signatur E 66: 414; 2 Seiten, hier S. 1. (Veräußerung von städtischem Gelände am Franzschen Feld zur Bebauung und Erschließung des Fricke’schen Geländes, April 1935)
Abt. G 2/Stadt Braunschweig (26.04.1935): 1) Vermerk. 2) Herrn Stadtbaurat Gebensleben vorlegen. Typoskript. Stadtarchiv Braunschweig: Signatur E 66: 414; 2 Seiten, hier S. 2. (Veräußerung von städtischem Gelände am Franzschen Feld zur Bebauung und Erschließung des Fricke’schen Geländes, April 1935)

„An der Aussprache beteiligten sich“ Studienräte

Doch es kommen Zweifel auf, die laut Protokoll auch ausformuliert werden. Kritiker erscheinen im Protokoll namentlich: „Bei der regen Aussprache wurden manche Bedenken laut, hauptsächlich wegen der Kostenfrage. Die Kolonie muß jedoch ein einheitliches Bild zeigen, deshalb soll die Einzäunung der Hauptwege gemeinsam und einheitlich ausgeführt werden. An der Aussprache beteiligten sich Studienrat Krige [?Fricke, ?Garten Nr. 20, Nr. 35, Nr. 106] und Studienrat Rademacher [Nr. 52]. Die Kosten der Umzäunung der Hauptwege werden allgemein auf die Mitglieder verteilt.“ (17.05.1935, PB I, S. 1–2)

Quellen:

  • Protokollbuch I (1935–1962): Schrebergartenverein Mutterkamp 1935–1962. Handschriftliches Manuskript / Transkription. Archiv KGV Mutterkamp, 192 Seiten. (PB I)
  • Redemanuskript (1955): „Zur 20-jährigen Gründungsfeier der Gartenkolonie ,Mutterkamp‘!“ Ohne Verfasser:in. Archiv KGV Mutterkamp, 4 Seiten. (Redemanuskript, 20 Jahre, 1955)