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Nr. 032: „Große Goldene Ehrennadel“ für sechs Gartenfreundinnen „der ersten Stunde“

Nr. 032: „Große Goldene Ehrennadel“ für sechs Gartenfreundinnen „der ersten Stunde“

Zum 50-jährigen Jubiläum des Gartenvereins Mutterkamp im Jahr 1985 werden sechs Gründungsmitglieder geehrt. Stimmt die Annahme, dass Dora Trinks und die Geschwister Dahlgrün seit 65 Jahren aktiv kleingärtnern, zunächst im KGV Heinrichstraße und dann im KGV Mutterkamp?!

In der Festschrift zum 50. Vereinsgeburtstag im Jahr 1985 steht unter „Mitglieder-Ehrung“ folgender Zusatz: „Wir nehmen unser 50jähriges Jubiläum zum Anlaß, die Gartenfreundinnen der ersten Stunde zu ehren. Die große Goldene Ehrennadel und die Urkunde des Landesverbandes der Kleingärtner sollen sie an die schönen Stunden, die sie in ihren Gärten und im Verein verlebt haben, erinnern. Möge ihnen noch recht viel Freude und ein geruhsamer Lebensabend beschieden sein.“ (Festschrift 1985, S. 7) Aufgelistet sind: Emma Peinemann (36), Amelie und Nina Dahlgrün (38), Marta Ullrich (48), Frieda Effinghausen (49) und Dora Trinks (64). Irritiert nachgefragt: Hätten Dora Trinks und die Geschwister Dahlgrün anno 1985 nicht (inzwischen) für ihre 65-jährige Aktivität geehrt werden müssen?

Zeitungsartikel von 2000 mit historischen Fotos aus den 1950er Jahren
Das Stadtarchiv Braunschweig hat einen Zeitungsartikel aus der „neuen braunschweiger“ vom 29. Juni 2000 in seiner Sammlung. Das Autorenkürzel lautet „kw“, während Vereinsmitglieder historische Fotos aus den 1950er Jahren honorarfrei beisteuerten, die u. a. zeigen, wie die Wasserleitung verlegt wurde und Gartenfeste stattfanden. Besonders interessant ist das Porträtfoto von Theo Rickmann (in der BU im Zeitungsartikel fälschlich „Richmann“), der Garten-Nr. 17 gepachtet hatte. Der Text „Herrlich: Auf und ab gehen und ein bisschen ’rumpusseln“ anlässlich des 65. Gartenvereinsjubiläums berichtet vom florierenden Vereinsleben in den 1990er/2000er Jahren. Stadtarchiv Braunschweig, E 32.1: 341.17 (A VII 5). Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.

Wann hat sich der KGV Heinrichstraße gegründet? Steht das vielleicht in der Festschrift des KGV Nußberg anlässlich dessen 60. Vereinsjubiläum?

Wieder eine andere Spur macht die Knobelei perfekt, ob denn nun gesichert bekannt ist, wann sich die alte Kolonie an der verlängerten Heinrichstraße gegründet hat. Die Festschrift zum 60. Vereinsjubiläum des KGV Nußberg enthält den Abschnitt „Chronik“. Der Verfasser oder die Verfasserin nennt sich „Der Chronist“ (KGV Nußberg, Festschrift 1919/1979, S. 12). Zunächst bestürzt „Der Chronist“ mit dieser Aussage: „Zu jeder Jubiläumsfeier gehört eine Chronik. Leider ist dies für unseren Gartenverein nicht möglich, da alle Unterlagen in den 50er Jahren gestohlen wurden. Darum nur ein kurzer Abriß.“ Dann liefert „der Chronist“ jene, für diesen Blog (geradezu) spektakuläre Info: „Nach dem 1. Weltkrieg, im Jahre 1919 [am 13. Juli 1919], wurden die drei Vereine Mutterkamp, Soolanger und Nußberg auf dem Land des Klostergutes Riddagshausen nach dessen Pachtung gegründet.“ (KGV Nußberg, Festschrift 1919/1979, S. 12) – Macht ja nichts, eben ein (mit schon modernerer „Textverarbeitung“ dahingeschriebener) Irrtum.

Glück gehabt – geklaute Unterlagen aus den 1920er Jahren tauchen zum 75. Vereinsgeburtstag des KGV Nußberg wieder auf.

Diese „Zeitungsente“ wiederholt sich nicht in der Festschrift zum 75. Vereinsjubiläum des KGV Nußberg von 1994. Zwischen 1979 und 1994 müssen die verlorenen Vereinsunterlagen (glücklicherweise) wiederaufgetaucht sein. Die Festschrift zum 75. Vereinsjubiläum des Nachbarvereins enthält für diesen Blog sehr Aufschlussreiches: Das Gelände, auf dem die Parzellen des Nußbergvereins ab 1919 errichtet wurden, hatte per se die Flurbezeichnung „Mutterkamp“. Der Begriff „Gelände Mutterkamp“ steht demnach auch in den Pachtverträgen des Nußbergvereins aus den 1920er Jahren. Die Vereinssatzung des Nußbergvereins wurde (erst) 1920 bei der Stadt Braunschweig eingetragen, der Verein wurde (auch erst) 1926 ins Vereinsregister beim Braunschweiger Amtsgericht eingetragen. Eine für die Festschrift zum 75. Geburtstag des KGV Nußberg rekonstruierte Abschrift zitiert für den 10. Oktober 1934 den damaligen „VEREINSFÜHRER NOLTE“ wie folgt: „Ab 1933 war es verboten, einen geschäftsführenden Vorstand zu wählen und einzusetzen. Der Gartenverein hieß ab sofort VEREINSGRUPPE mit einem VEREINSFÜHRER, der vom Parteibezirk [NSDAP] Stadtpark eingesetzt wurde.“ (KGV Nußberg, Festschrift 1919/1994, S. 22; Hervorhebungen aus der Rekonstruktion übernommen) Das Braunschweiger Adressbuch erweist sich als zuverlässige Quelle: „Kleingartenverein ,Nußberg‘ E. V. Vereinsführer: Lehrer Johannes Nolte, Wilhelm=Bode=Straße 50.II“ (Braunschweigisches Adreßbuch 1936, S. 24; 1937, S. 31; 1938, S. 27).

Lageplan (1962): Lageplan des Kleingartenverein Mutterkamp e. V. Stadtarchiv Braunschweig, E 32.1: 341.17 (A VII 5). Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.
Lageplan (1962): Lageplan des Kleingartenverein Mutterkamp e. V. Stadtarchiv Braunschweig, E 32.1: 341.17 (A VII 5). Foto: Archiv KGV Mutterkamp e. V.

Quellen: