Nr. 026: Wer „kleingärtnert“ bevorzugt? Und wer handelt dabei ggf. umstürzlerisch?!
Die nationalsozialistische Diktatur geht (auch) mit der Gleichschaltung der Gartenvereine einher, um (auch) dort Widerstand zu unterbinden: Tatsächlich nutzten in Braunschweig die sog. Keune-Gruppe und Schade-Gruppe Gartenlauben als Versammlungsort.
Die NSDAP beschritt Ende der 1920er und zu Beginn der 1930er Jahre den Weg zur „Alleinherrschaft“. Deshalb beabsichtigte sie, die Arbeiterbewegung zu zerstören und den Arbeiterparteien die Wählerschaft und Anhänger zu entziehen (vgl. Bein 1982, S. 296) – also von der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bis hin zur SPD über deren Abspaltung USPD, der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Die SPD selbst wurde daraufhin informell Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands (MSPD) genannt.
A. Merges hatte einen Schrebergarten am Rautheimer Weg
Zeitweilig Mitglied besagter USPD in Braunschweig war August Merges gewesen, u. a. Redakteur beim SPD-„Volksfreund“ (vgl. Bundesstiftung Aufarbeitung 2008). In seinem Schrebergarten und der (Vereins-)„Kantine am Rautheimer Weg“ trafen die Mitglieder der sog. Schade-Gruppe unter Hermann Schade [wann?], einem Maurer, „zusammen und diskutierten politische Fragestellungen. Das mußte ganz vorsichtig und heimlich geschehen, denn es gab schon überall Spitzel.“ (Bein 2000, S. 75 f.) Um welchen Gartenverein handelte es sich genau?
Im März/April/Mai 1933 verbot der damalige Innenminister D. Klagges Arbeitervereine, Gewerkschaften und setzte die gewählten Betriebsräte ab. „Verbände und Vereine, die weitergeführt werden durften, erhielten NSDAP-Vorstände. Und die Gestapo [Geheime Staatspolizei] hatte darauf zu achten, daß die zugelassenen [Vereinigungen] nicht als Sammelbecken für subversive Arbeit dienen konnten. Selbst die Schrebergärten, in denen sich Arbeiter zu einem Gespräch über die politische Lage trafen, wurden ,gleichgeschaltet‘. Aber auch die bürgerlichen Vereine und Verbände, Berufs- und Standesorganisationen mußten NS-Sachverwalter akzeptieren.“ (Bein 1982, S. 297)
Nazifizierung in Braunschweig
Der Blog über die Entstehungszeit des KGV Mutterkamp kann Geschehnisse nur anreißen, bleibt unvollständig und oberflächlich. Im Mai 1933 wurde D. Klagges Ministerpräsident des Freistaats Braunschweig. Er wies Mitglieder der „Hilfspolizei“ an, das Gebäude der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) am Fallersleber Tor zu besetzen. Die Hilfspolizisten gehörten paramilitärischen Kampforganisationen an, der Sturmabteilung (SA) und Schutzstaffel (SS), und nutzten das AOK-Gebäude als „Folter- und Haftlokal“ (vgl. Wettern 2021, S. 94).
Quellen:
- Bein, Reinhard (1982): Nationalsozialismus und Arbeiterbewegung im Freistaat Braunschweig zwischen 1930 und 1935. In: Moderne Braunschweigische Geschichte. Hrsg. von Werner Pöls und Klaus Erich Pollmann. Hildesheim, Zürich, New York: Georg Olms, S. 285–306.
- Bundesstiftung Aufarbeitung (2008): Merges, August. Biographische Angaben aus dem Handbuch der Deutschen Kommunisten. Karl Dietz Verlag Berlin. Online: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/kataloge-datenbanken/biographische-datenbanken/august-merges [30.11.2023]
- Bein, Reinhard (2000): Zeitzeichen. Stadt und Land/Freistaat Braunschweig 1930–1945. Braunschweig: Döring.
- Wettern, Michael (2021): Entwicklung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Braunschweig. Braunschweig: Appelhans.