Menü Schließen

Nr. 018: Exkurs zum „Ersatzland“, Teil 6 von 7: Gartenvereine und Bezirksvereine in der Nachbarschaft gründen sich ab 1911

Nr. 018: Exkurs zum „Ersatzland“, Teil 6 von 7

Gartenvereine und Bezirksvereine in der Nachbarschaft gründen sich ab 1911

Auch der heutige KGV Mutterkamp ist dem „Landesverband Braunschweig der Gartenfreunde e. V.“ angeschlossen. Und er gehört zu dessen Unterbezirk „Fallersleber Tor“. Der „LVB Fal“ soll sich nach 1918 konstituiert haben. Hilft diese Spur, um Licht in den Kleingartenverein Heinrichstraße zu bringen? Und helfen Überlegungen zum benachbarten Unterbezirk „Steintor“?

Historischer Zeitungsartikel
Das Stadtarchiv Braunschweig hat einen Zeitungsartikel aus der „Braunschweiger Zeitung“ vom 19. August 1975 in seiner Sammlung. Autorin oder Autor mit dem Kürzel „ho“ hat anlässlich des 40. Gartenvereinsjubiläums berichtet. Der Text zitiert im Titel „,Osttangente ist jetzt nicht mehr aktuell‘“ den Ratsherr Hans-Ludger John, SPD. In seinem Grußwort zum Vereinsjubiläum informiert John den Vereinsvorsitzenden Bohnhorst, dass die übers Mutterkamp-Gelände führende Osttangente in „unserer Generation“ „mit Sicherheit nicht mehr gebaut“ würde. Außerdem erwähnt der Zeitungsartikel: Gartenfreund Gerhard Hopstock wird für besondere Verdienste mit der goldenen Ehrennadel des Verbands ausgezeichnet. Gerhard Hopstock pachtete Nr. 81 und war Angestellter gewesen, so geht es aus dem Protokollbuch hervor. Er engagierte sich in den 1950er Jahren als Gartenwart. 1960 wurde er bereits für 25-jährige Vereinsmitgliedschaft geehrt. Foto: Stadtarchiv Braunschweig, E 32.1: 341.17.

Die Erweiterung zum „Trennungsbahnhof“ 1914 könnte eingeläutet haben, dass die direkten Nachbargartenvereine des KGV Mutterkamp entstanden, zum einen der 1919 gegründete „Kleingartenverein Nußberg“ und zum anderen der 1921 gegründete „Kleingartenverein Soolanger e. V.“. Und/oder steht deren Gründung im Zusammenhang mit der ab 1914 an der Wabe geplanten herzoglichen „Gartenstadt Riddagshausen“, deren Planungen 1922 zu den Akten gelegt worden waren? (vgl. Warnecke 2006b, S. 86) In jedem Fall waren diese KGV Mitglieder im „Landesverband Braunschweig der Gartenfreunde e. V.“ und aufgrund ihrer Lage in dessen „Bezirksverband Fallersleber Tor der Gartenfreunde e. V.“ – das Kürzel „LVB Fal“ dafür entstammt der „Analyse des Braunschweiger Kleingartenwesens“ von K. Klaffke (1974). Diese Schrift ist eine hilfreiche Quelle. Zwischen 1968 und 1982 war Kaspar Klaffke bei der Braunschweiger Stadtverwaltung als Grünplaner im Stadtplanungsamt und dann als Leiter des Stadtgarten- und Friedhofsamts tätig (Epping 2017).

Der Bezirk „LVB Fal“ soll, wie gesagt, direkt nach dem Ersten Weltkrieg entstanden sein (Landesverband 2023), also nach 1918. Welche Kleingartenkolonien gehörten damals dazu? War die Kleingartenkolonie „an der verlängerten Heinrichstrasse“ Mitgliedsverein gewesen – bekanntermaßen aufgelöst worden, „um als Baugelände Verwendung zu finden“? (vgl. Redemanuskript „Zur 20-jährigen Gründungsfeier“, S. 1) Und befand sich unter den damaligen Bezirksverbandsmitgliedern wiederum eine Kolonie „auf dem Gelände am Bülten“, die in den 1930er Jahren gleichfalls enteignet wurde, um nämlich einem Sportplatz für die damalige Technische Hochschule Platz zu machen? (vgl. Redemanuskript „Zur 20-jährigen Gründungsfeier“, S. 1)

Flächennutzungsplan
Zwischen den Stadtkernen Braunschweigs und Wolfenbüttels sollte als Projekt eine Magnetschienenbahn gebaut werden – „ein Verkehrsmittel mit einer modernen Technologie, das in sinnfälliger Weise an die Pioniertat der ersten Staatseisenbahn auf dieser Strecke anknüpft.“ Was lange in der Schwebe bleibt und die Kleingärtnernden auf dem Mutterkamp beunruhigt, ist die Frage nach dem Verlauf der „Osttangente“ und dem Zeitpunkt für deren Umsetzung. Die Osttangente hätte Gartenland gekostet. Foto: Stadtarchiv Braunschweig: Atlas „Die Geschichte der Stadt Braunschweig in Karten, Plänen und Ansichten“, 3.70

Der älteste Gartenverein im benachbarten Unterbezirk „Steintor“ entsteht 1911

Der benachbarte „Bezirksverband Steintor der Kleingärtner e. V.“ („LVB Stein“) soll sich im Gegensatz dazu zwar erst 1926 gegründet haben, doch einige Mitglieder haben eine längere Geschichte. Senior ist der KGV Sportbahn (1911) auf dem ehemaligen Gelände der ersten Braunschweiger Radrennbahn, gefolgt von den KGV Mastbruch (1917) und Brodweg (1919). Denn: „Auf dem Gelände des ehemaligen Klostergutes Riddagshausen stellte der damalige Domänenpächter, Amtmann Nehkorn, im Jahre 1916 Gelände zur kleingärtnerischen Bewirtschaftung zur Verfügung. Es war teilweise Brachland, aber auch eine Obstbaumplantage gehörte dazu“ (Landesverband 2023). In diesem Zusammenhang bilden sich wohl die KGV Triangel (1919), Morgenland (1920), Ostend (1921) und Lünischteich (1922) – Letzterer auf der besagten ehemaligen Obstbaumplantage.

Heute hat der Bezirksverband „Fallersleber Tor“ jedenfalls sechzehn Mitglieder, und zwar – sortiert nach Gründungsdatum – die Kleingartenvereine Nußberg (1919), Soolanger (1921), Himmelreich (1929), Siegfried (1930), Dammweg (1931), Hohefeld (1932), Mutterkamp (1935), Dammwiese (1948), Im Holzmoore (1950), Gänsekamp (1956), Im Schapenkamp (1957), Moorhütte (1961) sowie die KGV Bienrode (1946), KGV Thune (1963), KGV Auf dem Klei, Hondelage (1976) und KGV Waggum (?) Die vier letztgenannten Vereine kamen durch die Gebietsreform von 1974 zum „LVB Fal“ hinzu (vgl. Klaffke 1974, S. 74–80). Das Verzeichnis von 1974 nennt zwei weitere Vereine, die der Landesverband inzwischen nicht mehr als Mitglieder im Unterbezirk Fallersleber Tor auflistet: KGV Grasweg, gegründet 1932, und KGV Wabekamp, gegründet 1962. Wo befanden sich diese Vereine genau? Und was ist mit ihnen passiert?

Quellen: