Nr. 014: Exkurs zum „Ersatzland“, Teil 2 von 7
Schon zu Zeiten des Schmalkaldischen Bundes: Auf „der großen Breite“ lagert das Heer und finden die Gefechte statt
Das Nussberggebiet einschließlich Franzsches Feld ist schon immer belagert und verteidigt worden. Als es von der Domänenverwaltung des Klosters Riddagshausen an die Militärverwaltung des Herzogtums Braunschweig verpachtet wird, entsteht dort ein Truppenübungsplatz. Als das preußische Heer den „Großen Exer“ übernimmt, „verwildert“ dieser zunehmend.
„[D]ie vorhandenen großen Flächen des Franzschen Feldes eignete[n] sich vorzüglich für Truppenaufmärsche, Schanzen und Artilleriestellungen.“ (Warnecke 2006b, S. 37) Das Nussberggebiet war bei Belagerungen der Stadt durch feindliche Truppen immer wieder als Heerlager und Gefechtsfeld genutzt worden. Dies war unter anderem der Fall in der Zeit des Schmalkaldischen Bundes (1531–1546), als sich protestantische Städte und Fürsten mit der katholizistischen Religionspolitik im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation auseinandersetzten, also vom 10. Jahrhundert bis 1806. Zur groben geschichtlichen Einordnung: Es stellte sich die deutsche Frage – auf dem Weg zur deutschen Einheit folgte dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation der Rheinbund 1806–1813, dem sich Befreiungskriege 1813–1815 anschlossen. Aus diesen Gründen bestand auf „der großen Breite“ auf dem Franzschen Feld eine „wüste Mischung“ aus Nussbergschlucht, Schützengräben, Erdwällen, in die Erde eingegrabenen Holzbunkern (Schuppen und Hütten), wo sich „Gesindel“ herumtrieb (vgl. Warnecke 2006b, S. 42).
Franzsches Feld wird zum „Großen Exer“
Die Domänenverwaltung des Klosters Riddagshausen wurde aktiv. Sie verpachtete das Franzsche Feld von 1824 bis 1887 an die Militärverwaltung des Herzogtums Braunschweig, die auf dem gesamten Gelände einen Truppenübungsplatz einrichtete. Zur zeitlichen Einordnung: Das Herzogtum Braunschweig (1814–1918) bestand zeitlich parallel zum Deutschen Bund 1815–1866, zum Norddeutschen Bund 1867–1870/71 und zum Deutschen Kaiserreich 1871–1918 und ging in den Freistaat Braunschweig (1918–1933) über. Weil das Quartier im östlichen Braunschweig Mitte des 19. Jahrhunderts im Wesentlichen nur bis zum Okerumflutgraben besiedelt war, störte man sich nicht am Lärm und der Gefahr durch Schießübungen am „Großen Exerzierplatz“: Herzogliche Schießstände bestanden von 1837 bis 1920 und waren mit einem Drahtzaun und Sichtblenden (Palisaden/Bretterzäune) versehen. „Dieser Platz wurde ca. 50 Jahre lang intensiv genutzt, so daß die Grasnarbe weitgehend verschwand und das Gebiet überwiegend den Charakter einer sandigen Ebene gewann, in der nur vereinzelt Gebüschreste und Einzelbäume das Bild belebten.“ (Tute und Köhler 1989, S. 211 f.) Das preußische Heer übernahm die herzoglichen braunschweigischen Truppen im Jahr 1886 („Militärkonvention“) und ließ den „Großen Exer“ zunehmend „verwildern“ (vgl. Warnecke 2006b, S. 44).
Kein Sanssouci fürs spätere „östliche Ringgebiet“
Die Domänenverwaltung des Klosters Riddagshausen verweigerte sich allerdings, als 1889 Prinzregent Albrecht von Preußen (Amtszeit 1885–1906) „Aberwitziges“ fürs östliche Stadtgebiet plante: ein „romantisches Gartenschloss“ in den Dimensionen von Sanssouci, inkl. Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Nussberg. Das herzogliche Residenzschloss am Bohlweg („Grauer Hof“) war 1830 wegen Brandstiftung im Zuge eines Volksaufstands zerstört worden.
Quellen:
- Warnecke, Burchardt (2006b): Der Braunschweiger Nußberg und seine Umgebung. Ein Stück Stadtgeschichte aus dem Osten der Stadt Braunschweig. 10. Aufl. Braunschweig: Appelhans.
- Tute, Heinz-Joachim und Marcus Köhler (1989): Gartenkunst in Braunschweig. Von den fürstlichen Gärten des Barock zum Bürgerpark der Gründerzeit. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte der Stadt. Braunschweig: Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunschweig