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Nr. 008: Wo man neue Gärten an erfahrene Kleingärtnerinnen und Kleingärtner verlost

Nr. 008: Wo man neue Gärten an erfahrene Kleingärtnerinnen und Kleingärtner verlost

Stadtparkrestaurant übersteht die NS-Zeit

Im Stadtpark entstand in den 1880er Jahren das heutige Restaurant – ein Fachwerkgebäude im „Schweizer Stil“. Ein weiteres Fachwerkgebäude, das „Schwanenhaus“, überlebt die NS-Zeit nicht. Und ein Kolonialdenkmal mit einem Löwen muss in den 1930er Jahren mehrfach umziehen.

1884 hatte die Stadtverwaltung im „Fasanenhölzchen“ ein Wirtschaftsgebäude für eine Gastwirtschaft errichten lassen – „eine Wirtschaft für Spaziergänger“. Sie kam so gut an, dass sie 1897 bereits erweitert und 1907 mit einem Musikpavillon ergänzt wurde, wo „Futterstellen und Schutzvorrichtungen für Fasane“ gewesen waren (Tute und Köhler 1989, S. 211). Man konnte das im „Schweizer Stil“ gestaltete Fachwerkgebäude des heutigen Stadtparkrestaurants allerdings zunächst nur über die Brunnenstraße, einen Feldweg (heute Bereich Jasperallee), und über die nicht ausgebaute, schwer passierbare Husarenstraße erreichen. Damals verlief noch der Adamsgraben (Wassergraben) entlang der heutigen Herzogin-Elisabeth-Straße. Erst zwischen 1890 und 1906/10 wurde (wie gesagt) die damalige Kaiser-Wilhelm-Allee als Parallelstraße zur Husarenstraße mit einer prachtvollen Mittelpromenade bis zur jetzigen Wilhelm-Bode-Straße geführt (vgl. Warnecke 2006a, 1, S. 5). Im Stadtparkrestaurant trafen sich Bürgerinnen und Bürger „für einen kleinen Umtrunk“ sowie „die Soldaten aus den in der Nähe liegenden drei verschiedenen Kasernen mit den Dienstmädchen aus den umliegenden Wohngebieten.“ (Warnecke 2006a, 1, S. 4)

Historische Karte von 1945
Um den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg planen zu können, mussten zunächst die Ausmaße der Zerstörungen festgestellt werden. Nach dem politischen und militärischen Zusammenbruch waren die Gemeinden die einzigen Verwaltungsorgane, die sofort wieder in Aktion traten. Also wurde die städtische Bauverwaltung damit betraut, die Schäden festzustellen, und zwar in vier Schadensstufen. Der Verlauf des bogenförmigen Adamsgrabens ist noch eingetragen. Der Wassergraben begrenzte von der linken Seite das ehemalige Fricke’schen Gelände, wo die ehemalige Kolonie an der verlängerten Heinrichstraße ihre Parzellen hatte. Diese heißt jetzt Dürerstraße, denn die Straßennamen des sog. Fliegerviertels tragen inzwischen die Namen von Malerinnen und Malern. Die Boelckestraße ist in Grünewaldstraße umbenannt worden. Foto: Stadtarchiv Braunschweig: Atlas „Die Geschichte der Stadt Braunschweig in Karten, Plänen und Ansichten“, 3.65-4

„Kolonialdenkmal“ am Rande des Stadtparks: Altes „Heldengedenken“ wird instrumentalisiert

1934 schloss das „Kolonialdenkmal“ die Kaiser-Wilhelm-Straße am Rande des Stadtparks ab. Der „Verein ehemaliger Ostasiaten und Afrikaner“ hatte das Denkmal 1925 aufgestellt, um die (Löwen-)„Kraft“ zu symbolisieren, die nötig sei, um Kolonien zurückzuerlangen. Die nationalsozialistische Stadtverwaltung instrumentalisierte die „(Kolonial-)Erinnerungskultur“ der Weimarer Republik gezielt. Sie wollte die (besagte) „Aufmarschstraße“ Dankwardstraße–Steinweg–Jasperallee um das alte Kolonialdenkmal herum bauen, um das „Heldengedenken“ an „Kolonialpioniere“ in ihre Ideologie einzubauen – deren „kriegerische Tugenden“ und „echtes Deutschtum“ passten ins NS-Konzept. 1936 gab man den Plan auf und versetzte das Denkmal an die nördliche Seite des Stadtparkdurchbruchs. Die NS-Expansionspläne richteten sich nämlich längst nach Osteuropa und nicht (mehr) nach Süden. Also trauerte man den Verhältnissen des Kaiserreichs nicht länger hinterher und hegte kein Interesse mehr daran, Kolonien „rückerstattet“ zu bekommen (vgl. Lampe 2022).

Historische Karte von 1945
1940 bis 1945 ist der KGV Mutterkamp mit den Gartenvereinen Soolanger und Nußberg zwangsweise zusammengeschlossen. Vielleicht erstreckt sich der KGV Nussberg auf der Schadenskarte vielleicht über das Gelände des KGV Mutterkamp. Leider ist die Karte rechts abgeschnitten, sodass sich nicht verifizieren lässt, ob dort noch eine Eintragung „Gartenverein Mutterkamp E. V.“ zu finden sein könnte. Foto: Stadtarchiv Braunschweig: Atlas „Die Geschichte der Stadt Braunschweig in Karten, Plänen und Ansichten“, 3.65-4

16. März 1935: Geburtsstunde des KGV Mutterkamp im Stadtparkrestaurant

1993 baute die Stadt die durch das NS-Regime erfolgte Teilung des Stadtparks insofern wieder zurück, als sie den „Durchbruch“ mit einem begrünten Mittelstreifen versah (Warnecke 2006b, S. 65). Während der im Stadtpark gelegene Schwanenteich mit Fachwerk-Schwanenhaus zerstört wurde, hat das 1884 entstandene Stadtparkrestaurant die „Umnutzung“ der NS-Zeit überlebt. Dies führt endlich zur Geburtsstunde des Kleingartenvereins Mutterkamp!

Das Gebäude des Stadtparkrestaurants war damals nicht nur eine Gaststätte gewesen, sondern auch Musterungslokal für angehende Soldaten. Im Zweiten Weltkrieg diente es als Auffangstelle und Notunterkunft für bombengeschädigte Bürgerinnen und Bürger. Und ab April 1945 unterhielt eine Sondereinheit der amerikanischen Streitkräfte das Stadtparkrestaurant für einige Jahre als „American All-Ranks Club“ (vgl. Warnecke 2006c, 3, S. 5), bis Braunschweig ab Juni 1945 Teil der britischen Besatzungszone wurde.

Quellen:

  • Tute, Heinz-Joachim und Marcus Köhler (1989): Gartenkunst in Braunschweig. Von den fürstlichen Gärten des Barock zum Bürgerpark der Gründerzeit. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte der Stadt. Braunschweig: Stadtarchiv und Stadtbibliothek Braunschweig.
  • Warnecke, Burchardt (2006b): Der Braunschweiger Nußberg und seine Umgebung. Ein Stück Stadtgeschichte aus dem Osten der Stadt Braunschweig. 10. Aufl. Braunschweig: Appelhans.
  • Mittmann, Markus (2003): Bauen im Nationalsozialismus. Braunschweig, die „Deutsche Siedlerstadt“ und die „Mustersiedlung der Deutschen Arbeitsfront“ Braunschweig-Mascherode. Ursprung – Gestaltung – Analyse. Hameln: Niemeyer.
  • Warnecke, Burchardt (2006c): Die über 120-jährige Geschichte des Stadtpark-Restaurants. In: Klinterklater. Östliches Ringgebiet. Zeitung der SPD-Ortsvereine Fallersleber Tor, Magnitor und Steintor. 8. Jg., Nr. 3, S. 4 f./Dezember 2006, S. 4. Online: https://www.spd-braunschweig.de/wp-content/uploads/sites/657/2019/02/2006_3.pdf (27.09.2023)
  • Warnecke, Burchardt (2006a): Das Stadtparkrestaurant. In: Klinterklater. Östliches Ringgebiet. Zeitung der SPD-Ortsvereine Fallersleber Tor, Magnitor und Steintor. 8. Jg., Nr. 1, S. 4 f./März 2006, S. 5. Online: https://www.spd-braunschweig.de/wp-content/uploads/sites/657/2019/02/2006_1.pdf (27.09.2023)
  • Lampe, Fabian (2022): Das Braunschweiger Kolonialdenkmal. Online: https://kolonialdenkmal-braunschweig.de/ [12.10.2022]